Eine ungehaltene Rede

Jan Schalauske

Für die Marburger Linke hätte Jan Schalauske zur sozialen Wohnraumfrage in der Stadtverordnetenversammlung am 31. März sprechen sollen. Da er zugleich auch an der Demonstration zur Unterstützung der Beschäftigten des UKGMs teilnahm und dadurch den Tagesordnungspunkt im Parlament leider verpasste, sei seine Rede hier veröffentlicht.

 

TOP8: Rede zur Quotenregelung für die soziale Wohnraumförderung in der Universitätsstadt Marburg

Frau Vorsteherin, meine Damen und Herren,

mit der vorliegenden Vorlage verfolgt der Magistrat zwei Ziele: Zum einen soll die soziale Wohnraumquote erhöht und schon bei Bauvorhaben ab 10 Wohneinheiten angewandt werden. Zum anderen werden in einigen Stadtteilen einfache Bebauungspläne zur Anwendung der Sozialquote aufgestellt. Beides ist auch dringend notwendig. Zum einen konnte die alte Quotenregelung seit 2016 kaum greifen. Einerseits wegen der verlangten Größe von 20 Wohneinheiten. Zum anderen weil sie nur in neu aufgestellten Bebauungsplänen Anwendung fand.

Zur Erhöhung der Sozialquote: Die Fraktion Marburger Linke begrüßt die Erhöhung der Sozialquote ausdrücklich. Damit erfüllt die Koalition ein langjähriges Ziel unserer Fraktion. In der VO/4936/2016 hatte die Marburger Linke erstmals die Einführung einer Sozialquote auf 30% gefordert. Damals konnten wir uns nicht durchsetzen, abgelehnt u.a. von SPD und CDU bei Enthaltung der Grünen. Die Quote kam 2016 dann doch noch, zunächst aber nur mit 20% ab 20 Wohneinheiten. 2021 forderte unsere Fraktion (VO/0117/2021) erneut eine Erhöhung auf 30% und eine Geltung ab 10 Wohneinheiten. Das Ergebnis: Das Ansinnen sollte immerhin geprüft werden.

Wenn heute die Stadtverordnetenversammlung die Erhöhung der Quote mit großer Mehrheit auf 30% ab 10 Wohneinheiten beschließt, hat sich ein Stückweit linke Vernunft auf lange Sicht durchgesetzt. Das ist gut für alle Menschen, die auf eine bezahlbare Mietwohnung angewiesen sind. Auch die Aufstellung eines einfachen Bebauungsplans in der Hausstadt, Grassenberg, Ortenberg und Cappel finden wir richtig. Eine Gesetzesänderung im Bund macht eine Ausweitung der Quote in „unbeplante Innenbereiche“ möglich. Ob eine Ausweitung auf weitere Stadtteile möglich und sinnvoll gewesen wäre, wird von der Vorlage leider nicht beantwortet. Dem werden wir nachgehen. Bedauerlich, dass der Bundesgesetzgeber versäumt hat, die Sozialquote auch auf Bauvorhaben in bestehende Bebauungspläne anzuwenden.

In Marburg beträgt die Kaltmiete in der Innenstadt 10 Euro. Das ist sehr viel Geld. Viel zu viele Menschen müssen mehr als 30 Prozent ihres Einkommens für die Miete ausgeben. Eine Intensivierung des sozialen Wohnungsbaus ist ein wichtiges Mittel um Abhilfe zu schaffen. In der Oberhessischen Presse war letztes Jahr zu lesen, dass weitere 3.500 Wohnungen in Marburg entstehen müssten, um den Bedarf der nächsten Jahre zu decken. An lukrativen Investorenvorhaben hat es in den letzten Jahren nicht gemangelt. Aller Bemühungen der GeWoBau zum Trotz bleibt der soziale Wohnungsbau das Sorgenkind. Die öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften müssen den Turbo anwerfen und die finanzkräftigen Immobilieninvestoren zu einem Beitrag zum Gemeinwohl gedrängt werden. Ein Auge muss auf die Preise der Sozialwohnungen bei Neubauprojekten geworfen werden. Auch die kann sich nicht jeder leisten – trotz Wohnberechtigungsschein.

Der Wermutstropfen bleibt: Die heutige Erhöhung der Quote wäre schon vor Jahren zu haben gewesen. Dennoch: Die Vorlage ist ein richtiger Schritt zur Stärkung des sozialen Wohnungsbaus. Wir stimmen zu.