4. Verkehrswende jetzt

Marburg ist nach wie vor eine Stadt, in der das Auto den Verkehr dominiert. Das verursacht nicht nur massive Umweltschäden, sondern grenzt auch viele Menschen aus, die auf einen Pkw verzichten müssen, weil sie zu jung, zu alt oder behindert sind, oder weil sie sich kein eigenes Auto leisten können. Da Wohnraum dort am güns­tigsten ist, wo die Umweltbelastungen durch den motorisierten Verkehr am stärksten sind, leiden Menschen mit geringem Einkommen besonders darunter. Die Marburger Linke verfolgt hingegen eine echte sozial-ökologische Verkehrswende mit einer Mobilitätsgarantie für alle Menschen. Ob in der Innenstadt oder in den Außenstadtteilen, ob in der morgendlichen Rush Hour, spätabends oder an den Wochenenden, ob auf dem Fahrrad, im Bus oder zu Fuß: In der Stadt der Zukunft sollen alle Marburger*innen sicher, ökologisch, attraktiv und kostenfrei von A nach B kommen.

Für eine klimafreundliche und soziale Stadt der Zukunft hat die Verkehrswende eine herausragende Bedeutung. Der Luftverschmutzung, dem Flächenverbrauch und dem dauernden Lärm durch den motorisierten Verkehr setzt die Marburger Linke ein Verkehrskonzept entgegen, das klimaschädliches Verhalten teuer, ökologische Mobilität hingegen günstig und für alle Menschen möglich macht.

In den nächsten Jahren will die Stadt eine Gesamtstrategie für Verkehr und Mobilität entwickeln, die bis zum Jahr 2035 gelten soll. Die Marburger Linke wird ihre Vorstellungen einer humanen Verkehrspolitik in diesen Prozess einbringen. Dazu zählt der massive Ausbau des ÖPNV sowie des Rad- und Fußverkehrs auf Kosten des Raumes und der Privilegien des Autoverkehrs. Pläne, durch Umgehungsstraßen oder einen unbezahlbaren „Behring-Tunnel“ den Pkw-Verkehr zusätzlich zu fördern, werden auf den entschiedenen Widerstand der Marburger Linken stoßen.

Die fahrradfreundliche Stadt

Der Fahrradverkehr ist der wichtigste Baustein für den Verkehr innerhalb der Stadt. Im Jahr 2020 haben sich so viele Menschen wie noch nie Fahrräder gekauft. In Marburg nutzen inzwischen Tausende das Fahrradleihsystem von Studierendenschaft und Stadt. Solche Projekte sollen weiter gestärkt werden. Während die SPD/CDU-Koalition sträflich wenig Geld für den tatsächlichen Ausbau der Fahrradinfrastruktur ausgegeben hat, fordert die Marburger Linke:

  • mehr Fahrradwege und Fahrradstraßen, und wo immer möglich, eine bauliche Trennung von Rad-, Fuß- und Autoverkehr;
  • Bau eines Radschnellwegs in Nord-Süd-Richtung;
  • Bau des im Radverkehrsplan vorgesehenen kürzesten Radwegs auf die Lahnberge, vom Alten Kirchhainer Weg durch den Wald zur Lahnberge-Mensa;
  • erheblich mehr Ausgaben für Auf- und Ausbau einer fahrradfreundlichen Infrastruktur für den Personenverkehr (Abstellmöglichkeiten, Lade- und Reparaturstationen) und für den Auf- und Ausbau des fahrradbasierten Lieferverkehrs (Lastenräder, Fahrradkuriere, Anschaffung von Spezialrädern z. B. für handwerkliche Unternehmen).

Vorrang für Bus und Bahn

Für den Verkehr in die Außenstadtteile, den Landkreis und darüber hinaus braucht es einen massiv ausgebauten verlässlichen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), mit dem alle Menschen gut, gern und günstig fahren.

Notwendig sind vor allem zwei Maßnahmen, die die Attraktivität des ÖPNV gegenüber dem Pkw-Verkehr erheblich steigern würden:

  • die Einführung einer Regio-Tram zusammen mit den Kreisen Mar­burg-Biedenkopf und Gießen, die in den Städten als Straßenbahn verkehren würde und die Gemeinden auf bestehenden, wiedereröffneten und neugebauten Bahnstrecken verbinden würde.
  • ein Nulltarif im ÖPNV. Immer mehr Bevölkerungsgruppen (Schü­ler*in­nen, Beschäftigte, Studierende, Personal von Stadt und Land) können heute kostenlos Bus und Bahn fahren. Die Marburger Linke hat in der Vergangenheit durchgesetzt, dass der Fahrpreis für Stadtpassinhaber*innen halbiert wurde.

Jetzt verlangen wir den Nulltarif für Stadtpassinhaber*innen und für alle Nutzer*innen an Wochenenden als Schritte auf dem Weg zu einem Nulltarif für alle. Er wäre bezahlbar, wenn Marburg die Gewerbesteuer auf deutsches Durchschnittsniveau anheben würde.

Damit würde allen Menschen Mobilität und damit Teilhabe ermög­licht – unabhängig von ihrem Geldbeutel – und der Umstieg vom Pkw gefördert.

Die Marburger Linke fordert:

  • Schnellbuslinien zwischen den Stadtteilen und den Bahnhöfen;
  • verdichtete Taktzeiten: Garantie „unter 30 Minuten ins Stadtzentrum“;
  • ausreichend Fahrscheinautomaten für Nah- und Fernverkehr sowie guter Beratungsservice am Haupt- und Südbahnhof;
  • verlässliche Mitnahme für Rollstühle, Rollatoren, Kinderwagen sowie (Kinder-)Fahrräder;
  • attraktive Busflotte mit Elektroantrieb, Klimatisierung und Federung;
  • Aufbau eines Nachtbussystems durch die Stadtwerke, das alle Stadtteile, insbesondere am Wochenende, regelmäßig anbindet.

Fokus auf den Fußverkehr

Gerade die Fortbewegungsform, die alle Menschen am meisten nutzen, wird in Marburg am wenigsten beachtet. Superkurze Grünphasen, viel zu kleine Mittelinseln und ungesicherte Pfade machen das Zufußgehen an vielen Orten beschwerlich.

Die Marburger Linke fordert:

  • Massive Förderung des Fußverkehrs;
  • Stärkung der Belange des Fußverkehrs (und des langsamen Radverkehrs), insbesondere in Hinblick auf beeinträchtigte Personen, Ältere und Kinder, z. B. durch die Einstellung einer/eines Langsamkeitsbeauftragten;
  • fußgängerfreundliche Gestaltung von Straßenzügen und Kreuzungen;
  • Abflachung von Bordsteinkanten für die einfachere Überquerung mit Rollstuhl, Rollator, Kinderwagen oder Roller;
  • Abschaffung der Mittelinseln zugunsten längerer Grünphasen für Fußgänger;
  • Einrichtung von mehr Tempo-30-Zonen;
  • Einrichtung von mehr verkehrsberuhigten Bereichen, auch nur für ÖPNV, Fuß- und Radverkehr.

Die wahren Kosten der Elektromobilität

Die Elektrifizierung des Verkehrs ist kein Heilsbringer. Die wahren Kosten der Elektromobilität sind enorm. Vielerorts werden die notwendigen Rohstoffe unter menschenunwürdigen Bedingungen abgebaut und verursachen dauerhafte Umweltschäden. Die Herstellung von Elektroautos und der Ausbau einer Infrastruktur für E-Autos fordern zudem wertvolle Flächen in der Stadt. Es gilt: Eine sozial-ökologische Verkehrswende ist mehr als eine ‚Antriebswende‘.

Die Marburger Linke fordert:

  • eine Elektrifizierung nur solcher Verkehrsmittel, die ökologisch und solidarisch genutzt werden, also Busse, gemeinschaftlich genutzte Autos, Dienstfahrzeuge der Stadt oder von Handwerksunternehmen, Leih- und Lastenfahrräder;
  • eine Ladeinfrastruktur, die die Belange von Fußgänger*innen beachtet: keine Ladesäulen auf dem Fußweg;
  • Tempo 30 in der Innenstadt und in Wohngebieten;
  • geschwindigkeitsreduzierende Umbauten;
  • zusätzliche Variotafeln zur Anzeige der Geschwindigkeit;
  • mehr wirksame Geschwindigkeitskontrollen auf den Straßen, aber auch in Fußgänger*innenzonen.

Parks statt Parken

Der Pkw-Verkehr fordert zu viel versiegelte Fläche. Statt unendlicher Autospuren, Parkhäuser und für Fußgänger*innen unüberwindbarer Kreuzungen dominieren im Marburg der Zukunft

  • sichere Fußwege, auf denen Kinder, Ältere und Menschen mit Beeinträchtigungen sich frei bewegen können;
  • Spielflächen, Parks und Freiluftgastronomie;
  • sichere und überdachte Fahrradabstellplätze auch für Anhänger oder E-Bikes.

Wohin mit der B 3a?

Die Stadtautobahn (B 3a) ist mit ihren Lärm- und Feinstaubemissionen eine Belastung für fast alle Menschen, die in Marburg leben, wohnen oder arbeiten. Um Lärm und Abgase zu verringern, fordert die Marburger Linke:

  • kurzfristig eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 80 km/h und mittelfristig auf 50 km/h für Pkw und Lkw sowie lärmreduzierende Maßnahmen;
  • langfristig eine Umgestaltung des Areals im Sinne einer sozial-ökologischen Verkehrswende.

Umsteigen leicht gemacht

Um den Umstieg auf ökologische Verkehrsmittel zu erleichtern und diese einfach einmal auszuprobieren, gibt es Programme für den zeitweisen Umstieg: Gegen zeitweise Abgabe des Führerscheins oder Stilllegung des eigenen Pkw gibt es attraktive Mobilitätsgutscheine für den RMV, für den Fahrrad-Erwerb, die Fahrradreparatur, den Fahrradverleih sowie für Lastenräder etc.