Rede des Kreisvorstands bei der Demo gegen den Rechtsruck, 09.10.2023

AC

Der gesellschaftliche Rechtsruck bei den Landtagswahlen ist außerordentlich besorgniserregend und stellt nicht nur uns als Partei vor große Herausforderungen. Wir sind sehr dankbar für fast 1000 Menschen, die mit uns gegen rechts auf die Straße gegangen sind. Mit einer kämpferischen Rede des Kreisverstands machen wir deutlich, dass wir dem Protofaschismus entschlossen entgegentreten. Wir dokumentieren sie hier im Wortlaut:

Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten,

der Wiedereinzug der AfD in den hessischen Landtag mit über 18% ist nur ein Symptom dessen, was gerade in unserer Gesellschaft passiert. Wir erleben die Entstehung einer potentiellen Massenbasis für einen neuen Faschismus. Dies wird unterstützt durch eine verrohte Bürgerlichkeit, die zum Beispiel von Obergrenzen schwadroniert in dem Wissen, welches Ausmaß an Leid und Tod an den europäischen Außengrenzen damit verbunden ist.. Auf diese Weise wird verschleiert, dass Profitzwang und Ausbeutung verantwortlich sind für Armut und Wohnraummangel - und nicht Geflüchtete. Befeuert und umgesetzt werden all diese Widerwärtigkeiten durch die bürgerlichen Parteien von den Grünen über die SPD bis zur CDU und der FDP in der Hoffnung, ein paar mehr Wählerstimmen abzugreifen und die eigenen Pfründe zu retten. Kurz gesagt: In unserer Gesellschaft verfestigt sich ein rechter Konsens.

Demgegenüber steht eine zersplitterte politische Linke. Dabei werden die Gräben nicht nur in unserer Partei immer tiefer, sondern in der gesamten Linken. Es wird sich in die eigene Wohlfühl-Blase zurückgezogen und immer krampfhafter an den eigenen Dogmen festgehalten. Die Folge all dessen ist eine kollektive Unfähigkeit, die sich verschärfenden gesellschaftlichen Verhältnissen wirksam zu bekämpfen, die den jetzigen Rechtsruck hervorbringen.

Was wir stattdessen brauchen ist eine gesellschaftliche Linke, die in alle Lebensbereiche vordringt. Eine geeinte Linke, die auf der Straße, in den Vierteln, Vereinen, Betrieben, Schulen und Universitäten für das gute Leben für alle streitet und den Rechten konsequent entgegentritt.

Um wieder kollektiv Handlungsfähig zu werden, müssen wir die Gräben zwischen uns zuschütten, aufeinander zugehen und wieder anfangen miteinander zu reden. Dafür gilt es den Blick auf unsere Gemeinsamkeiten zu richten, anstatt das Trennende überzubetonen. Denn erst mit einer gemeinsamen politischen Praxis können wir die Schlagkraft entwickeln, den rechten Konsens zu brechen. Außerdem müssen wir dafür konkrete Wege aufzeigen, wie wir eine menschenwürdige Gesellschaft jenseits des Kapitalismus erreichen können, um Menschen für unsere Sache zu begeistern und mobilisieren zu können.

Ohne Zweifel haben wir einen langen Weg vor uns. Für den Anfang braucht es zwei Dinge. Zum einen dauerhafte Gesprächsformate, um Streitfragen konstruktiv anzugehen und als Linke wieder zusammenfinden zu können. Zum anderen strömungsübergreifende Bündnisse, um Protest zu artikulieren und eine breite antifaschistische Bewegung loszutreten. Deswegen rufen wir alle linken Einzelpersonen, Gruppen, Initiativen, Gewerkschaften und Parteien dazu auf, sich ebenfalls dem Bündnis Marburg gegen Rechts anzuschließen. Lasst uns gemeinsam dem Rechtsruck entgegentreten!