"Krieg und Kapitalismus lassen sich nicht trennen!" - Rede zum Antikriegstag
Bei der Kundgebung am Antikriegstag in Marburg hat Jan Schalauske deutlich gemacht, warum DIE LINKE. für Frieden steht und im Krieg immer auch die Interessen der Reichen und Mächtigen bedient werden. Wir dokumentieren die Rede im Wortlaut. Es gilt das gesprochene Wort.
Liebe Freundinnen und Freunde,
wie jedes Jahr stehen wir am 1. September, dem Antikriegs- und Weltfriedenstag hier am Deserteursdenkmal zusammen, um an die Schrecken von Krieg und Faschismus zu erinnern und getreu der Losung „Nie wieder Krieg“ unsere Stimmen für Frieden und Abrüstung zu erheben. Das ist auch dringend notwendig. Warum?
Weil wir wollen, dass das Töten und Morden in der Ukraine, das hunderttausende Menschenleben gekostet und Millionen in die Flucht geschlagen hat, ein Ende findet. Weil wir wissen, dass Waffenlieferungen den Krieg nicht beenden, sondern verlängern werden und das Risiko einer direkten militärischen Konfrontation zwischen Russland und der NATO immer weiter steigt. Stattdessen braucht es Einsatz für einen sofortigen Waffenstillstand, Deeskalation und Diplomatie. Kriege werden mit Waffen geführt mit Verhandlungen werden sie beendet. Weil wir den völkerrechtswidrigen Krieg Russlands in und um die Ukraine verurteilen, auch wenn wir um seine Vorgeschichte und die Rolle der NATO wissen, so wie wir in der Vergangenheit auch die völkerrechtswidrigen Kriege der NATO in Jugoslawien und die der USA im Nahen und Mittleren Osten scharf verurteilt haben. Das unterscheidet uns von manchen politischen Kräften, die heute unter dem Titel „Gegen den Krieg“ zu einer Veranstaltung auf dem Marktplatz aufgerufen haben, auch wenn ich mich immer darüber freue, wenn Menschen für den Frieden auf die Straße gehen.
Wir stehen hier, weil wir wissen, dass der Ukraine-Krieg nur einer von vielen Kriegen und Konflikten auf der Welt ist: Im Tigray in Äthiopien, im Jemen, befeuert von Saudi-Arabien und geführt mit Waffen aus dem Westen. Diese Kriege und Konflikte führen zu Tod, Zerstörung, Hunger und Armut und heizen die Klimakrise weiter an. Davor dürfen wir die Augen nicht verschließen. Wir sind in Gedanken bei allen Menschen, die unter Krieg und Gewalt leiden.
Wir sind hier, weil die „Zeitenwende“ von Kanzler Scholz, von SPD, Grünen, FDP und mit Unterstützung der CDU nichts anderes als eine gigantische Hochrüstung bedeutet. Das sog. Sondervermögen von 100 Mrd. und das NATO-Zwei-Prozent-Ziel machen die Welt nicht sicherer. Im Gegenteil. Eine neue Rüstungsspirale droht und es werden enorme Ressourcen verschlungen, die an anderer Stellen fehlen. So sollen die Ausgaben für Bundeswehr im kommenden Jahr um rund 1,7 auf 51,8 Milliarden Euro steigen. Hinzu kommen noch einmal 19,2 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen der Bundeswehr. Das sind mehr als 70 Milliarden Euro für Rüstung und Militär. Gleichzeitig kürzt Bundesregierung bei der Sozial- und Bildungspolitik, beim Bafög, Integration und bei humanitäre Hilfen im Ausland oder legt eine Kindergrundsicherung, die ihren Namen nicht verdient. Hochrüstung und Sozialabbau sind zwei Seiten derselben Medaille. Statt Kinder aus der Armut zu holen, finanziert die Bundesregierung lieber neue Kampfflugzeuge. Dazu kommen die Auswirkungen des Ukraine-Krieges, die in Form von Preissteigerungen die Menschen mit geringen Einkommen am härtesten treffen. Auch dagegen erheben wir unsere Stimme!
Wir wissen, dass die Hochrüstung auch Profiteure kennt. Die Rüstungsindustrie. Bei den Konzernen knallen die Sektkorken, die Aktienkurse gehen unter die Decke. Nordhessen ist ein Hotspot der Rüstungsproduktion. Hessens Ministerpräsident Rhein ist der größte Rüstungslobbyist, der gar nicht oft genug die Hände der Kriegsprofiteure schütteln kann. Wirtschaftsminister Al-Wazir mimt den Gehilfen. Wir machen keinen Frieden mit der Rüstungsindustrie. Abrüstung statt Aufrüstung und Schwerter zu Pflugscharen bleibt unsere Losung.
Kriege werden vor unserer Haustür vorbereitet. Das gilt nicht nur für die nordhessische Waffenindustrie, sondern auch für das US-Hauptquartier in Wiesbaden. Hier wurden Militäreinheiten stationiert, die neue erstschlagfähige Hyperschallraketen befehligen können. Damit droht das Rhein-Main-Gebiet zu einem potentiellen Ziel in einem neuen Kalten Krieg zu werden. Im benachbarten Rheinland-Pfalz lagern US-Atomwaffen und in Stadtallendorf ist mit der „Division Schnelle Kräfte“ die Speerspitze für deutsche Auslandseinsätze stationiert. Wer aber die Hessische Verfassung ernst nimmt, die in Artikel 69 festhält „Hessen bekennt sich zu Frieden, Freiheit und Völkerverständigung. Der Krieg ist geächtet. Jede Handlung, die mit der Absicht vorgenommen wird, einen Krieg vorzubereiten, ist verfassungswidrig“, der muss sich für einen Abzug des US-Militärs, für den Atomwaffenverbotsvertrag und für ein Ende aller Auslandseinsätze der Bundeswehr einsetzen.
Und wir stehen hier auch aus sehr grundsätzlichen Erwägungen. Kriege werden für gewöhnlich auch nicht im Interesse der einfachen Leute geführt, sondern im Interesse der Reichen und Mächtigen. Hinter Kriegen und Konflikten stehen selten beschworene Werte oder Menschenrechte, sondern häufig eine Politik, die Menschen und Regionen zum Spielball von Großmachtstreben, imperialem Denken sowie geostrategischen und -ökonomischen Interessen macht.
Oder anders ausgedrückt: Kriege finden ihren Ursprung in einem Wirtschaftssystem, dass das Streben nach Profit über alles andere stellt. Deswegen muss der Einsatz für Frieden und der Einsatz für eine gerechtere Welt immer zusammen gedacht werden.
Mein Dank den Organisator*innen. Wir sehen uns auf dem Friedensforum am kommenden Sonntag. Vielen Dank für Euer Engagement und Eure Aufmerksamkeit.