Die neue Linke Stadtfraktion

Nach reiflicher Überlegung und Diskussion hat die Mitgliederversammlung am 15. Februar im Bürgerhaus Wehrda mit überwältigender Mehrheit den folgenden Beschlusss gefasst. Die neue Fraktion hat sich daraufhin am Mittwoch, den 21. Februar konstituiert. Vorsitzende ist Renate Bastian, ihr Stellvertreter Jan Schalauske.

Der Kreisverband der Partei Die Linke Marburg-Biedenkopf spricht sich im Einvernehmen mit ihren drei Stadtverordneten und dem Magistratsmitglied dafür aus, eine eigene Fraktion der Partei Die Linke in der Marburger Stadtverordnetenversammlung zu bilden. 

Der Kreisverband fordert von den verbliebenen Mitgliedern der Fraktion Marburger Linke, diese umzubenennen, zumal bei den nächsten Kommunalwahlen bei einer Kandidatur der Partei Die Linke die Bezeichnung „Marburger Linke“ wegen Verwechslungsgefahr nicht zugelassen würde.

Die Entscheidung der Mitgliederversammlung begründet sich in den seit Ende 2021 dauerhaft schweren Konflikte in der Stadtverordnetenfraktion der Marburger Linken.

Die Abstimmung über den Haushalt für das Jahr 2022 brachte die Fraktion als Koalitionspartner in der neuen Stadtregierung mit SPD, Grünen und Klimaliste in eine schwierige Situation. Trotz vieler Gespräche zeigte eine Minderheit der Fraktion keine Bereitschaft zu Kompromissen und entschloss sich eigenmächtig für ein Nein zum Gesamthaushalt - und damit auch für ein Nein zu den Errungenschaften der Marburger Linken im Gesamthaushalt. Dadurch kam es zum Austritt der Fraktion aus der Koalition. Seitdem ist die siebenköpfige Fraktion gespalten.

Die Konflikte führten bereits im Dezember 2021 dazu, dass eine Stadtverordnete zurücktrat und sie sowie ein weiterer kommunalpolitisch aktiver Genosse aus der Partei austraten.

2022 wurden Fraktionsvorsitzende und Stellvertretende mit nur einer Stimme Mehrheit gewählt. Anstatt dazu beizutragen, die Spaltung zu überwinden, haben die Fraktionsvorsitzende und ihre Stellvertretung die Situation durch einen Umgang verschärft, der es den Mitgliedern der Partei Die Linke unmöglich machte, ihre Positionen gleichrangig zu vertreten.

Galt von Beginn an in der Fraktion in allen wichtigen Fragen das Konsensprinzip, werden seit 2021 die jetzt noch bei der Partei Die Linke verbliebenen Mitglieder regelmäßig überstimmt.

Gleichzeitig wurde – ohne Abstimmung in der Fraktion – eine eigene Internet-Domain angemeldet und vom Kreisverband separierte Informationskanäle eingerichtet, in denen sogar zum Austritt aus der Linken aufgerufen wurde.

Hinzu kommt, dass drei Fraktionsmitglieder zum Teil seit Jahren ihrer schriftlichen Selbstverpflichtung, eine Spende aus ihren Aufwandsentschädigungen an Die Linke oder an die Fraktion zu leisten, nicht mehr nachkommen.

Das Fass zum Überlaufen hat für den Kreisvorstand im Dezember 2023 die Presseerklärung der Fraktionsvorsitzenden und der Stellvertreterin gebracht, in der sie den Stadtrat der Marburger Linken und Mitglied Der Linken, Henning Köster, zum Rücktritt aufforderten. Auch diese öffentliche Erklärung war nicht in der Fraktion bekannt, geschweige denn abgestimmt.

Die Aktivität der Fraktion war bis zum Verlassen der Koalition darauf ausgerichtet, für die Wähler*innen Verbesserungen ihrer Lebenslage zu erzielen und Schritte in eine sozial und ökologisch gerechte Gesellschaft zu ermöglichen. Derzeit ist nicht klar, ob die Marburger Linke für die Durchsetzung ihres Programms kämpft oder ob sie sich nur konfrontativ politisch profilieren will -  durch den Aufbau einer Oppositionsfront im Stadtparlament, manchmal sogar gemeinsam mit der CDU und gegen die Partei Die Linke.

Eine vertrauensvolle und produktive Fraktionsarbeit ist unter diesen Bedingungen nicht mehr möglich.

Der Kreisvorstand der Linken ist nicht weiter bereit, diese Zustände hinzunehmen, zumal in der Öffentlichkeit die Marburger Linke als kommunaler Arm der Partei Die Linke angesehen wird.

Hierbei gilt es sich auch die Geschichte der Fraktion Marburger Linke zu vergegenwärtigen: Die Marburger Linke war 1996 von der PDS, einer Vorgängerpartei der Linken, als PDS/Marburger Linke zur Kommunalwahl 1997 gegründet worden und bestand aus der PDS und Einzelpersonen. PDS wurde nach Gründung der Partei Die Linke 2007 gestrichen. Die Marburger Linke war nie als Organisation aktiv sondern nur als Fraktion und verfügte auch über keine Mitglieder. Ihre Wahlkämpfe wurden von der PDS bzw. der Linken finanziert, teilweise mit Geldern, die von den Mandatsträger*innen aus ihren Aufwandsentschädigungen gespendet wurden. Die Wahlergebnisse der Listen der Marburger Linken, auf denen ebenso wie bei denen der Partei die Linke zu den Kreistagswahlen etwa ein Drittel Personen standen, die nicht unserer Partei angehörten, unterschieden sich nicht von denen der Linken bei Kreistags-, Landtags- oder Bundestagswahlen.