3. Arm und Reich

Auch im Landkreis Marburg-Biedenkopf läuft in der Verteilung von Eigentum, Vermögen und Geld vieles völlig falsch: Die obersten 10 Prozent der Bevölkerung besitzen etwa zwei Drittel des Privatvermögens. Diese Fehlentwicklungen müssen nicht nur aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit, sondern auch aus ökonomischer und gesamtwirtschaftlicher Vernunft heraus korrigiert werden. Nur ausreichende Einkommen der großen Mehrheit der Bevölkerung sichern in einer Marktwirtschaft soziale und wirtschaftliche Stabilität. Zwar kann man auf der Kreisebene die Rahmenbedingungen einer verfehlten Sozialpolitik nicht ändern, aber es gibt dennoch Möglichkeiten, Menschen im Landkreis zu helfen, die sich in großer sozialer und wirtschaftlicher Not befinden. DIE LINKE im Landkreis setzt sich für eine gerechtere Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums und für den Ausbau der sozialen Sicherungssysteme ein.

Dazu muss das Informations- und Beratungsnetz im Landkreis für sozial benachteiligte Menschen mit Hilfe der Kreisverwaltung zugänglicher und transparenter gemacht werden. So hat sich beispielsweise DIE LINKE dafür eingesetzt. eine Sozial-App für das Handy zu entwickeln und einen barrierefreien Sozialatlas mit allen Anlaufstellen und Adressen zu erstellen. Der Sozialatlas soll online sowie gedruckt, in Braille und in leichter Sprache verfügbar sein.

Zentrales Kernstück unserer Forderung ist die Einführung eines „Kreis-Sozial-Tickets“.

Menschen mit geringem Einkommen, Hartz IV oder SGB XII sollen den ÖPNV nutzen und kulturelle Angebote wahrnehmen können —beitragsfrei oder zu geringen Beträgen . So sollten beispielsweise der Besuch des Marburger Theaters, der Schwimmbäder oder Angebote der Volkshochschule für Menschen mit geringen Einkommen kostenfrei sein. Dabei sollte man sich am Modell des Frankfurter Stadt-Passes orientieren.

Erwerbstätigkeit ist heute kein Kriterium mehr für Wohlstand oder auch nur ein auskömmliches Gehalt. Manche Familien geben 70 Prozent ihres Geldes nur für den Wohnraum aus.

Trotz Erwerbsarbeit sind in Deutschland immer mehr Menschen auf ergänzende Sozialleistungen („Aufstocker*innen“) angewiesen. Zurückzuführen ist dies auf die Agenda-Politik, die mehr und mehr Familien in Armut gebracht hat. Kinderarmut ist heutzutage etwas Alltägliches — das zeigen im Kreis eingerichtete Kindertafeln wie in Stadtallendorf und Wetter.

All das haben wir der damaligen rot-grünen Bundesregierung zu verdanken: Diese hat ab 1998 einen massiven Abbau des Sozialstaates betrieben und eine Verarmung breiter Bevölkerungsschichten verursacht.

Die Ausweitung des Niedriglohnsektors, die Absenkung des Rentenniveaus, Hartz IV als Repressionssystem und eine zunehmende Deregulierung der Wirtschaft sind hier nur als einige Ursachen zu nennen. Besonders bitter erscheint jedoch, dass staatliche Leistungen nun nicht mehr zum Leben ausreichen. Mit einem Hartz-IV-Regelsatz von rund 14,40 Euro am Tag (gerechnet auf 30 Tage, Stand 2020) für einen Erwachsenen, in dem von Verpflegung über Bekleidung, kulturelle Teilhabe, Mobilität, Neuanschaffungen et cetera alles bis auf die Kosten der Unterkunft enthalten ist, ist ein auskömmliches Leben nicht möglich. In diesem Satz sind nur 38,32 Euro monatlich für Strom vorgesehen. Die Folge sind häufig Stromsperren.

Kindern und Jugendlichen stehen, je nach Alter, zwischen 2,80 und 4,90 Euro am Tag für die Verpflegung zur Verfügung. Viele Leistungs­empfänger*innen wissen oftmals nicht, ob das Geld überhaupt bis zum Ende des Monats reicht.

Die Folge: Die „Tafeln“ versorgen auch im Landkreis immer mehr Menschen, inklusive Familien und Kinder. Kindertafeln werden immer häufiger. In Stadtallendorf wurde eine solche eingerichtet. Auch in den anderen Ausgabestellen: Kirchhain, Wetter, Marburg, Gladenbach, Bad-Endbach sind es oftmals Familien und Alleinerziehende mit Kindern, die auf die Lebensmittelspenden der Tafel angewiesen sind. Durch die Coronakrise gab es zeitweise kaum Unterstützung für arme Menschen, die im Landkreis leben. Die Tafel wurde nur als zentrale Ausgabestelle am Landratsamt in Cappel errichtet. Die Hin- und Rückfahrt von z.B. Niederhörlen nach Marburg-Cappel dauert fast zwei Stunden und kostet 10 Euro.

Obwohl mehr als genug freiwillige Helfer*innen bei der Essensvergabe anwesend waren, wurde die zentrale Essensabgabe der Tafel zusätzlich von Soldat*innen der Bundeswehr überwacht. Es gab keinen nachvollziehbaren Grund, warum die Bundeswehr hier anwesend sein musste. DIE LINKE lehnt Bundeswehreinsätze im Inneren generell ab und beobachtet kritisch, wie durch die Hintertür des Infektionsschutzgesetzes Militärüberwachung alltagstauglich gemacht werden soll.

Darüber hinaus kann es nicht angehen, dass in einem reichen Land wie Deutschland Schein-Lösungen wie die Tafel oder die Kindertafel in Stadtallendorf eine völlig schief gehende Sozialpolitik auffangen sollen.

DIE LINKE im Landkreis setzt sich ein für:

  • einen kostenlosen Mittagstisch und kostenloses Frühstück in allen Schulen des Landkreises anzubieten;
  • die Entwicklung von Alternativen zur Tafel und das Angebot einer eigenen Versorgungsstruktur mit Kleiderkammern und Essensausgabestellen in kommunaler Trägerschaft;
  • die Einführung eines Kreis-Sozial-Tickets im Landkreis.