16. Sozial verträglicher Klimaschutz

16 Sozial verträglicher Klimaschutz

Der Weltklimarat warnt eindringlich vor einer gewaltigen menschengemachten Umwelt- und Klimakatastrophe, die auf uns zukommt. Forschende des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung haben so genannte Kipppunkte genannt, die — wenn sie überschritten werden — unumkehrbare Folgen für das globale Gleichgewicht haben und eine Kettenreaktion auslösen können. Die Hinweise darauf, dass wir uns diesen Kipppunkten bedenklich nähern und dass einige eventuell schon überschritten wurden, sind unübersehbar:

  • Das Eis an den Polkappen schmilzt;
  • Permafrost taut auf;
  • die Korallenriffe sterben ab;
  • die Fläche von Regenwäldern nimmt ab oder wird dezimiert;
  • Waldbrände nie dagewesenen Ausmaßes treten auf (Beispiele: Australien, Sibirien, Kalifornien).

Diese verhängnisvolle Entwicklung kann nur aufgehalten werden, wenn die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit beschränkt bleibt, wie im Pariser Abkommen beschlossen wurde. Um dieses Ziel erreichen zu können, müssen die CO2-Emissionen dramatisch eingeschränkt werden.

Der Landkreis Marburg-Biedenkopf hat sich das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2040 unabhängig von atomaren und fossilen Brennstoffen zu werden. Doch die Erfolge der Bemühungen und die Bereitschaft, neue Wege einzuschlagen, halten sich bei der im Landkreis regierenden Großen Koalition aus CDU und SPD in Grenzen. Bislang bewegt sich der Ausbau erneuerbarer Energien im einstelligen Bereich. Zusätzlich steigt der Energieverbrauch weiter an und der Landkreis trifft keine Festlegung, wie weit erneuerbare Energien im Landkreis ausgebaut werden sollen.

Statt sinnvoller energiepolitischer Ziele, wird der Weiterbau der Autobahn A49 durch alle Parteien stark forciert. Solche Entscheidungen sind vor dem Hintergrund des Klimawandels desaströs: Eine weiter ausgebaute Autobahn wird noch mehr motorisierten Verkehr herbeiführen, wodurch der CO2-Ausstoß gesteigert wird. Gleichzeitig wird ein 300 Jahre alter, noch gesunder Mischwald mit seiner CO2-speichernden Funktion zerstört.

Um dem Klimawandel entgegenzuwirken, sind gezielte Maßnahmen an vielen Fronten unumgänglich, insbesondere in den Bereichen

  • Energiepolitik,
  • Verkehrspolitik,
  • Wasserpolitik,
  • Forst- und Landwirtschaft.

Hierbei ist darauf zu achten, dass sämtliche Maßnahmen, die dem Klima- und Umweltschutz dienen, sozial verträglich gestaltet werden müssen. Schadstofffreies Wohnen und Arbeiten, biologisch produzierte Ernährung und uneingeschränkte Mobilität muss allen Einwohner*innen des Landkreises zur Verfügung stehen.

16.1 Energiepolitik

Der Anteil erneuerbarer Energien stellt gegenwärtig nur einen einstelligen Prozentbereich dar. Dabei wurde in Studien gezeigt, dass ein kompletter Umstieg und Ausstieg aus der fossilen Energie schon jetzt möglich wäre. Bereits vor acht Jahren hat das Fraunhofer Institut ISE ein Szenario beschrieben, wie sich Deutschland zu hundert Prozent mit erneuerbaren Energien versorgen könnte. Wind, Sonne, Biomasse und Wasser werden zur Gewinnung von Strom genutzt; Sonne und Biomasse können auch zur Wärmeproduktion genutzt werden. Die Technologien sind vorhanden, werden jedoch nach wie vor nicht genügend gefördert bzw. genutzt.

DIE LINKE im Landkreis setzt sich ein für:

  • eine Versorgung des Verkehrs, der Heizungen sowie industrieller Produktion ab 2035 ausschließlich mit Sonne, Wind, Wasser oder nachhaltiger Bioenergie;
  • eine Festlegung, zu welchen Anteilen Windkraft, Geothermie, Solarkraft ausgebaut werden;
  • die Ausstattung von Schulgebäuden und kreiseigenen Gebäuden mit Solaranlagen;
  • eine nachhaltige und ökologische Bauweise: Bei Bauvorhaben soll Niedrigenergiebauweise die Regel werden;
  • eine deutliche Aufstockung der Haushaltsmittel für den Klimaschutz.

16.2 Verkehr

Ein Leben ohne Auto ist bislang in unserem Landkreis schwer vorstellbar. Dennoch ist auch der Zustand einiger Kreisstraßen eine Zumutung und gerade im Winter sind manche Gemeinden nur schwer passierbar. Der Landkreis hält nur die stark befahrenen Straßen im Zentrum in Stand. In den Randgebieten (z.B. Warzenbach/Treisbach) sehen Kreisstraßen zum Teil katastrophal aus.

Die Busverbindungen konzentrieren sich überwiegend auf Schulstandorte und auf den Schülerverkehr. Ehrenamtliche Bürgerbusse werden aus Not zusätzlich eingesetzt: Rentner*innen und Freiwillige fahren die Menschen unentgeltlich oder für geringes Geld durch den Landkreis zu Ärzten, Ämtern und anderen Terminen. DIE LINKE im Landkreis fordert seit langem: mehr in die Infrastruktur der Kreisstraßen und Radwege zu investieren, den ÖPNV auszubauen und ein Regio-Tram Konzept Mittelhessen auf den Weg zu bringen.

Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV)

Um sich im Landkreis fortbewegen zu können, ist man gegenwärtig nach wie vor auf ein Auto angewiesen. Marburg ist nicht an alle Kommunen im Hinterland direkt angebunden. Darüber hinaus sind Busse und Bahnen nicht miteinander ausreichend vernetzt. Aus einigen Gemeinden des Hinterlands (z.B. Steffenberg) dauert eine Fahrt nach Marburg fast zwei Stunden. An Wochenenden und Abend fahren gar keine Busse mehr. Hier gilt es, ein besseres Konzept für den ÖPNV zu entwickeln. Die Stadtwerke Marburg und der RNV sollten in eine Gesellschaft zusammengelegt werden, um Linien besser aufeinander abzustimmen.

Ein aus Steuermitteln finanzierter Nulltarif im ÖPNV ist ein geeignetes Mittel, um den Anteil des motorisierten Individualverkehrs am Verkehrsaufkommen zu reduzieren und leistet einen Beitrag, die Klimaschutzziele, nämlich bis 2040 auf erneuerbare Energien umzustellen, wirklich umzusetzen .

Autobahnen

Die derzeitige Verkehrs-, Wirtschafts-, Bau-, Regional- und Kreisentwicklungspolitik läuft auf allen politischen Ebenen in die verkehrte Richtung. Stillschweigend wird vorausgesetzt: Je mehr Mobilität – in Form von fließendem Autoverkehr – desto mehr wirtschaftlicher Erfolg, desto mehr Lebensqualität und desto mehr Wohlergehen für die Bürger*innen. Der Bau der A49 wird knallhart durchgesetzt: Obwohl die Trasse durch ein Trinkwasserschutzgebiet führt und alte Bäume abgeholzt werden müssen, hält die Politik an diesem 50 Jahre alten Bauprojekt fest. Die Fraktion DIE LINKE im Kreistag fordert ein Moratorium zum Bau der A49 und begrüßt den gewaltfreien Widerstand vieler Aktivist*innen.

Schienenverkehr und Regio-Tram

Die Regio-Tram Kassel zeigt, dass es Möglichkeiten gibt, den Schienenverkehr mit Busanbindungen zu vernetzen und die Gemeinden des Landkreises an die Stadt Kassel anzubinden. Das Regio-Tram-Modell könnte wegweisend auch für den Landkreis Marburg-Biedenkopf sein und auch den CO2-Ausstoß in Marburg mildern.

Große Industriestandorte – wie die Lahnberge oder die Behringwer­ke und deren Folgegesellschaften müssen über den Schienenverkehr angebunden werden. Schätzungen zufolge führen 20 Prozent des Marburger Verkehrsaufkommens über die Lahnberge: Das auf den Lahnbergen angesiedelte Universitätsklinikum Gießen-Marburg mit insgesamt 9.600 Arbeitsplätzen und rund ebenso vielen Studierenden sowie mit über 1.000 Tagespatienten ist einer der größten Arbeitgeber, dass derzeit nur über eine sehr langsame, schlecht getaktete Busverbindung verfügt.

Als tägliches Grundpotential könnten allein für diese Strecke 4.000 Fahrgäste angenommen werden – wenn auch die reale Zahl angesichts der genannten großen Standorte eher bei 10.000 Personen oder darüber liegen dürfte.

Der entscheidende Vorteil einer Regio-Tram, etwa zwischen Gießen und Marburg (RTGM) oder Marburg-Mittelhessen (RTM) ist deren hervorragende Verknüpfung mit dem Bahnnetz und den Busnetzen der Region. Von allen Bahnlinien, die Gießen und Marburg bedienen, wären dann die beiden Klinikstandorte (Marburg und Gießen) mit nur einem einzigen Umstieg in den jeweiligen Hauptbahnhöfen zu erreichen. Das gleiche gilt für fast alle Regional- und Stadtbuslinien in Marburg und Gießen.

DIE LINKE im Landkreis setzt sich ein für:

  • die Einführung eines aus Steuermitteln finanzierten Nulltarifs im ÖPNV;
  • einen Streckenausbau der Bahn und eine Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken (z.B. die Aar-Salzböde-Bahn oder die Ohmtalbahn);
  • den naturverträglichen Ausbau notwendiger Umgehungsstraßen und die Verhinderung weiterer Autobahnen im Landkreis;
  • die Entwicklung eines Konzepts einer Regio-Tram Gießen-Marburg (RTGM) oder Regio-Tram Mittelhessen (RTM) nach dem Vorbild der Regio-Tram Kassel;
  • die Ausstattung der Bürgerbusse mit hauptamtlichen Busfahrern und ein flächendeckendes Angebot im Landkreis;
  • eine ordentliche Sanierung aller Kreisstraßen.

16.3 Wasserpolitik

Die Qualität und Verfügbarkeit von Wasser ist seit Menschengedenken von enormer Bedeutung.

Das Recht auf Wasser und dessen Verteilung prägt und bestimmt spätestens seit dem Beginn von Ackerbau und Viehzucht das gesellschaftliche Leben.

Mit der sich anbahnenden Klimakatastrophe kommt dem Thema „Wasser“ eine noch zentralere Rolle zu. Obwohl Wasser auf der Welt scheinbar im Überfluss vorhanden ist (70 Prozent der Erdoberfläche sind mit Wasser bedeckt), ist nur ein verschwindend kleiner Anteil von 0,3 Prozent direkt als Trinkwasser nutzbar. Zudem ist die Verfügbarkeit von Wasser nicht in allen Regionen der Welt gleich und die zunehmende Beanspruchung von Wasser durch Industrie und Bevölkerungswachstum lassen Wasser zum „Gold der Zukunft“ werden.

In unserer Region ist — insbesondere im Burgwald — der Grundwasserstand dramatisch gesunken. Die Grundwasserneubildung funktioniert nicht mehr so gut wie vor 20 Jahren. Der Schnee im Winter bleibt aus und somit auch die Schneeschmelze, die früher zuverlässig die Grundwasservorräte für den Sommer aufgefüllt hat. Hinzu kommt, dass immer häufiger Starkregen fällt, der schnell abfließt, ohne in den Boden einzusickern.

Die Situation wird durch den gegenwärtigen Export von Burgwaldwasser nach Frankfurt a.M zusätzlich verschärft. Frankfurt ist schon heute zu einem Großteil von externer Wasserversorgung abhängig, spart jedoch nicht mit Wasser. Für Wohnungs-, Gewerbe- und Straßenbau, Grünanlagen, Parks, aber auch Toilettenleitungen soll Wasser aus den zuliefernden Trinkwasserschutzgebieten genutzt werden.

Eine Änderung der gegenwärtigen Wasserpolitik ist erforderlich. Um den Naturraum Burgwald zu schützen, darf künftig nicht mehr so viel Wasser entnommen werden wie bisher. Es gilt, den wichtigen Feucht- und Moorbiotopen im Burgwald nicht das Wasser abzugraben.

DIE LINKE im Landkreis setzt sich ein für:

  • eine Einschränkung und langfristige Einstellung der Trinkwasserlieferungen nach Frankfurt;
  • die Einrichtung eines „Runden Tisches“ zur Trinkwasserpolitik im Landkreis;
  • die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung, ohne die Wälder des Landkreises zu schädigen;
  • einen umfassenden Schutz des Bodens, des Grund-, Oberflächen- und Trinkwassers und der Biotop- und Artenvielfalt.

16.4 Forstwirtschaft

Der aktuelle Zustand des Waldes im Landkreis Marburg-Biedenkopf verschlechtert sich seit Jahren. Der Waldzustandsbericht von 2019 beschreibt, wie sich Schädlinge massiv vermehren und viele junge Pflanzen absterben. Stürme und Waldbrände haben den Wäldern zusätzlich geschadet. Insbesondere die Monokulturen aus Fichten können der Hitze nicht standhalten und es gibt immer mehr Wälder, die katastrophale Kahlstellen haben. Es gibt bisher keinen Konsens, wie eine Waldbewirtschaftung aussehen muss, die dem Klimawandel etwas entgegensetzen kann. Die Forderungen gehen von der Einstellung der Bewirtschaftung und natürlicher Besamung bis zum Anpflanzen von hitzebeständigen Bäumen, die hier bislang nicht heimisch sind. Unstrittig ist, dass Klima-angepasste Mischwälder das Risiko des großflächigen Waldsterbens mildern.

Im Landkreis wurde im Forstamt Burgwald ein Modellprojekt auf den Weg gebracht. Dort soll der Frage nachgegangen werden, welche Zusammensetzung von Baumarten optimal ist für Klimaschutz und Klimaanpassung. Der 14.000 Hektar große Staatswald im Forstamt Burgwald hat einen Anteil von 64 Prozent Nadelholz und bietet daher eine gute Grundlage, die negativen Auswirkungen des Klimawandels zu untersuchen. Ebenfalls soll auf Vergleichsflächen erprobt werden, wie sich unterschiedliche Nutzungsintensitäten auf die CO2-Senkungswirkung in ober- und unterirdischer Biomasse, auf den Boden und Holzprodukte auswirken.

Eigentlich müsste im gesamten Landkreis der Klimawandel und das Ausmaß der Baumschäden erforscht werden. DIE LINKE hatte hierzu gefordert ein Waldzustandskataster im Landkreis zu erstellen und die Baumgesundheit näher zu untersuchen. Dies wurde abgelehnt, da der Wald des Landkreises zu 80 Prozent im Zuständigkeitsbereich von HessenForst (Land Hessen) liegt und zu 20 Prozent im Privatbesitz ist. Dennoch sieht DIE LINKE im Landkreis darin eine wichtige Aufgabe.

Das Waldsterben verhindern

In Hessen sind in den trockenen Sommern 2018 und 2019 26.000 Hektar Wald gestorben. Auch in unserem Landkreis sterben durch Dürre und Hitze geschwächte Bäume an Schädlingsbefall; bewaldete Flächen nehmen zusehends ab.

DIE LINKE im Landkreis setzt sich ein für:

  • ein Konzept der Wiederaufforstung des Waldes;
  • eine dem Brandschutz dienende verstärkte Überwachung der Wälder;
  • eine Schließung von Grillplätzen und Feuerstellen in gefährdeten waldnahen Bereichen.

16.5 Sozial-ökologische Agrarwende

DIE LINKE will einen Richtungswechsel in der Agrarpolitik. Eine Land­wirtschaft, die unsere Lebensgrundlagen zerstört, darf nicht wei­ter mit öffentlichen Geldern gefördert werden. Die Erzeugung von Lebensmitteln muss sozialer und umweltschonender werden und Garantien für faire Erzeugerpreise umfassen.

In Hessen bewirtschafteten Ende 2018 mehr als 2.250 Betriebe eine Fläche von 113.368 Hektar nach ökologischen Kriterien. Wenn auch Hessen damit innerhalb Deutschlands einen Spitzenwert von 14,5 Prozent Ökoanbaufläche hat, ist eine weitere massive Ausweitung und Stärkung des Ökolandbaus dringend erforderlich. DIE LINKE tritt für eine grundsätzliche Ökologisierung der gesamten Landwirtschaft ein.

Artenvielfalt erhalten

Seit Jahrzehnten geht die Artenvielfalt in der Tier- und Pflanzenwelt zurück. Auch in unserem Landkreis ist das Insekten- und Bienensterben besorgniserregend. Der Einsatz von Totalherbiziden wie Glyphosat und Insektiziden wie den Neonikotinoiden hat großen Anteil am Insektensterben. Der Verlust an Biodiversität ist eine ökologische Katastrophe! Jede Pflanzenart, die auf dem Acker verschwindet, entzieht zehn Insektenarten die Nahrungs- und damit Lebensgrundlage. Aufgrund dieser bekannten Risiken für das Ökosystem ist der Einsatz solcher Chemikalien zu verbieten. Auch den Einsatz gentechnisch veränderter Organismen lehnen wir grundsätzlich ab.

DIE LINKE hat mehrfach gefordert, dass der Landkreis den Anbau von Blühstreifen zu fördern. Einjährige Blühflächen sollen Honigbienen, Wildbienen, Schwebfliegen und Schmetterlingen Nahrung (v.a. Pollen) bieten. Gleichzeitig bieten die Flächen in Ackerbauregionen vielen Tieren wertvolle Deckung, wenn im Sommer die Druschfrüchte abgeerntet sind. Ackerbaulich ist die Wahl der Arten wichtig, um Fruchtfolgekrankheiten (z.B. Kohlhernie durch Kreuzblütler) zu vermeiden.

Spekulationen mit Agrarland verhindern

Die exklusive Produktion von Biomasse zur Energiegewinnung ist schrittweise zu beenden. Zur Energiegewinnung sollen nur biotische Reststoffe verwendet werden dürfen. Die Sammlung und Verwertung dieser Reststoffe ist zu verbessern. Der Biogas-Boom der letzten Jahre hat zu einer erheblichen Erhöhung der Bodenpacht und Bodenpreise geführt, was viele Ökobäuer*innen in den Ruin getrieben hat.

Als erster Schritt muss der Import nicht nachhaltig erzeugter Biomasse beendet werden. Dringend erforderlich ist eine Änderung der Subventionspolitik: Subventionen müssen an ökologisches Wirtschaften und nicht an die Fläche bewirtschafteten Agrarbodens gebunden sein. Eine solche Änderung würde auch Spekulationen mit Agrarland den Riegel vorschieben.

Fleischproduktion reduzieren und auf Nachhaltigkeit umstellen

Die industrielle Fleischproduktion ist für Tiere, Menschen und das Klima gleichermaßen eine Katastrophe. Die Pariser Klimaziele können nur erreicht werden, wenn weniger tierische Produkte hergestellt werden. Es darf keine staatlichen Zuschüsse für den Export von Fleisch und weiteren landwirtschaftlichen Produkten in Länder des globalen Südens geben. Diese zerstören dort lokale Strukturen und damit die Lebensgrundlagen der heimischen Kleinbäuer*innen. Futtermittelimporte (hauptsächlich Mais oder Soja) wie auch die damit erst mögliche Massentierhaltung sollen verboten und Mindestflächen für die Tierhaltung erhöht werden.

Tiertransporte lehnt DIE LINKE grundsätzlich ab. Als Alternative zu Tiertransporten sollte der Weideschuss der Standard bei der Tötung von Nutztieren werden. Kleine Schlachthöfe müssen gefördert und erhalten werden. Die Hausschlachtung muss gesetzlich so gestaltet sein, dass sie jedem Kleinbauernbetrieb wieder möglich gemacht wird.

Kleinbäuerliche Betriebe fördern

Wir wollen Bauernhöfe statt Agrarfabriken. Bäuerliches Eigentum muss gegen die Interessen der großen Agrarkonzerne und Spekulanten geschützt werden. Solidarische und kooperative Eigentums- und Wirtschaftsmodelle (solidarische Landwirtschaft, Erzeuger- und Vermarktungsgemeinschaften, Genossenschaftsmodelle et cetera) tragen zur Unabhängigkeit bei und sind zu unterstützen. Die soziale Situation der Landwirt*innen respektive Bäuer*innen soll durch eine Verbesserung der Alterssicherung und mittelfristig durch eine Einbindung in die gesetzliche Krankenversicherung verbessert werden.

Massentierhaltung verbieten und ein Tierschutzkonzept erstellen

In der Massentierhaltung leben und sterben allein in Deutschland etwa 763 Mio. Tiere pro Jahr. Die meisten Tiere werden gewaltsam den Haltungsformen angepasst: Hörner, Ringelschwänze, Schnäbel und zum Teil auch Zähne werden ohne Betäubung gekürzt oder abgetrennt. Wesentliche Grundbedürfnisse der Tiere werden ignoriert und ihre Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt. Um die Tiere trotz unpassender Haltung leistungsfähig zu erhalten, ist eine häufig routinemäßige Abgabe von Antibiotika unvermeidlich geworden, was auch Gefahren für die menschliche Gesundheit mit sich bringt.

Die „flächengebundene“ Tierhaltung , die strenge Regeln und Qualitätsstandards bei der Unterbringung von Tieren setzt, muss zukünftig Standard in der Tierhaltung werden. Massentierhaltung oder massentierhaltungsähnliche Bedingungen müssen abgeschafft werden. Abgesehen von ethischen Fragen zur Tiergesundheit stellen Betriebe, in denen Tiere nicht artgerecht gehalten werden, eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit dar: Die massive Antibiotikanutzung in der Tierzucht trägt maßgeblich zur Entstehung der Antibiotikaresistenz bei.

Der Einsatz von Antibiotika in der Landwirtschaft ist auf zwingend notwendige Behandlungen zu begrenzen und Reserveantibiotika müssen in der Tierzucht gesetzlich verboten werden.

Ebenso muss der Tierschutz im Landkreis neu organisiert werden und vor allem auch finanzielle Unterstützung erfahren.

Für verletzte Wildtiere gibt es im Landkreis bisher nur ehrenamtliche organisierte Hilfe. Förstereien haben nicht die Möglichkeit, sich um schwer verletzte Tiere zu kümmern. Häufig sind es ehrenamtliche Netzwerke, deren unentgeltliche Hilfen sich auch in einer legalen Grauzone bewegen, wenn sie beispielsweise verletzte Wildtiere zuhause aufnehmen. Hier müssten professionelle Versorgungsstrukturen geschaffen werden und man müsste mit anderen Landkreisen zusammenarbeiten, die Tierauffangstationen haben.

Auch bei der Haltung von Kleintieren könnte im Landkreis einiges verbessert werden. Es sollte Angebote für zukünftige Hunde und Katzenhalter geben. Die VHS könnte einen „Hundeführerschein“ und Kurse zur Nutztierhaltung anbieten.

Das Tierheim des Landkreises ist strukturell unterfinanziert und kann viele Angebote nur durch ehrenamtliche Mitarbeiter*innen und Spenden leisten. Viele Tiere in Tierheimen sind schwer traumatisiert und können aufgrund von z.B. Aggressivität nicht vermittelt werden. Mittlerweile gibt es durchaus kostenintensive Hundetrainings, die eine Rehabilitation und die Adoption von Problemhunden ermöglicht. Um dieses Ziel zu erreichen, muss der Der Landkreis allerdings seine Zuschüsse für das Tierheim erhöhen.

Wochenmarkt statt Weltmarkt

Die Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung regionaler Produkte muss gefördert und erheblich ausgebaut werden. Zur lokalen Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte gehört auch eine Wiederansiedlung kleiner, regionaler Schlachthöfe, Molkereien oder Getreidemühlen.

Gutes Essen für alle hat gesunde und ökologisch erzeugte Lebensmittel zur Grundlage. KiTa-, Schul- und Mensaessen sowie die Versorgung in Kantinen sollen vorrangig aus regionalem, möglichst biologischem Anbau stammen.

Es ist eine soziale Frage, dass alle Menschen sich eine gesunde und ökologische Ernährung leisten können. Um dies zu erreichen, treten wir dafür ein, die Mehrwertsteuer für ökologisch erzeugte Lebensmittel von gegenwärtig 7 Prozent auf Null abzusenken. Um Lebensmittel wie Fleisch nicht zu einem Luxusgut zu machen, müssen ein gesetzlicher, existenzsichernder Mindestlohn und eine bedarfsgerechte Grundsicherung auch die Ausgaben für eine ausgewogene und gesunde Ernährung decken.

DIE LINKE im Landkreis setzt sich ein für:

  • den Ausbau und die Förderung der bäuerlichen ökologischen Landwirtschaft im Landkreis;
  • den Erhalt und Ausbau kleiner regionaler Schlachthöfe;
  • den Weideschuss im Landkreis als Alternative zu Tiertransporten;
  • die Einrichtung und Förderung regionaler Wochenmärkte;
  • eine Erweiterung der Essensangebote mit ökologisch nachhaltigen und regionalen Produkten in Verwaltungen, Schulen und weiteren Einrichtungen;
  • die Entwicklung eines neuen Tierschutzkonzepts, welches Nutztiere, Wildtiere und auch Haustiere umfasst;
  • die Schaffung einer hauptamtlichen Kraft für den Schutz von Wildtieren.