Zur Geschichte der Marburger Linken

Nico Biver

Die Marburger Linke ist ein Wahlbündnis, das 1996 von der PDS, einer Vorgängerin Der Linken, als PDS/Marburger Linke zur Kommunalwahl 1997 gegründet wurde und aus der PDS und Einzelpersonen bestand. Als Die Linke gegründet wurde,

wurde das Kürzel PDS entfernt. Die Marburger Linke war nie als Organisation aktiv, sondern trat nur einmal in der jeweiligen Wahlperiode zur Aufstellung der Liste und zur Verabschiedung des Wahlprogramms zusammen und arbeitete dann als Fraktion. Ihre Wahlkämpfe wurden ebenso wie die der PDS bzw. Der Linken zum Kreistag oder Landtag von der Partei und durch Spenden finanziert. Ihre Wahlergebnisse unterschieden sich nicht von denen Der Linken bei Kreistags-, Landtags- oder Bundestagswahlen.

Wer auch immer behauptet, die damalige Liste PDS/Marburger Linke, mit der eserstmalig 1997 gelang, im Westen die 5-Prozent-Hürde zu überwinden, sei ein Bündnis der PDS mit einer Marburger Linken oder gar mit der DKP (wie im letzten Jahr in der Wochenzeitung dieser Partei geschehen) erzählt Märchen.

Die PDS war sich schon bei der Gründung des Kreisverbandes 1994 sicher, dass sie 1997 für das Kommunalparlament kandidieren wolle. Um zu verhindern, dass linke Listen wie 1993 bei der Wahl getrennt scheitern, wollte sie von Anfang an mit anderen im Bündnis antreten. 1993 war eine Liste Marburger Linke mit 3,5 Prozent und die Grüne und Alternative Linke – eine Abspaltung der Grünen – mit 4,6 Prozentan der 5-Prozent-Hürde gescheitert.

Die Marburger Linke von 1993, bei der es sich lediglich um eine Liste handelte, gab es bereits kurz nach der Wahl nicht mehr, und von der GAL, zu der der spätere UKGM-Betriebsratsvorsitzende Klaus Hanschur gehörte, auch nur noch Überreste. Unter der Leitung von Renate Bastian, die damals noch nicht der PDS angehörte, fanden Bündnisgespräche mit der GAL und mit Einzelpersonen wie Eva Gottschaldt (die 1993 Spitzenkandidatin der Marburger Linken war und später der PDS beitrat). Gesprächspartner waren auch einzelne verbliebene DKP-Mitglieder wie GeorgFülberth (damals Kandidat auf der PDS-Kreistagsliste) und Heiner Walter, der auf Platz 4 kandidierte. Bevor die GAL darauf verzichtete, am Bündnis teilzunehmen, fand innerhalb der PDS eine Diskussion über einen Namen PDS/GAL oder eventuell auch GAL/PDS statt.

„Marburger Linke“ wurde schließlich an „PDS“ angehängt, weil deutlich werden sollte, dass es sich um ein Bündnis – wenn auch nur mit Einzelpersonen – handelte und weil einige Kandidat*innen der damaligen Marburger Linken von 1993 mit von der Partie waren. Verhandlungen mit der DKP, die damals praktisch nicht existierte, hat es nie gegeben.

Wir waren die erste PDS-Liste, der es im Westen gelang, die 5-Prozent-Hürde zu überwinden. Dies wurde mit Berichten in der Süddeutschen, der Taz, der Berliner Zeitung, den Tagesthemen und dem MDR gewürdigt. Das angebliche Bündnis der PDS mit einer Marburger Linken wurde nirgendwo – auch nicht in der Marburger Presse – erwähnt.

Als Die Linke gegründet wurde, beschloss diese neue Partei, die Bezeichnung „PDS“in „PDS/Marburger Linke“ nicht durch „Die Linke“ zu ersetzen, da dies merkwürdig geklungen hätte. So entstand die jetzige Marburger Linke.

Eigentlich haben die Stadtverordneten, die der Partei Die Linke angehören, durch ihren Austritt aus der Fraktion das Bündnis Marburger Linke aufgelöst. Die Verbliebenen suchen deshalb nach einer neuen Partei, um zu überleben. Die DKP der Fraktionsvorsitzenden Bauder-Wöhr ist es nicht, denn die erlangt in Marburg bei Landtags- oder Europawahlen gerade mal 0,1 %. Bleibt das BSW, zu dem der Name „Marburger Linke“ allerdings nicht passt.

 

Nico Biver, 1994 Sprecher des damals gegründeten Kreisverbands der PDS und 1997 der Wahlkampfleiter.