Karl-Theodor-Bleek-Platz umbenannt

AC

Knapp fünf Jahre nach Beendigung der Studie zur NS-Vergangenheit des ehemaligen Marburger Oberbürgermeisters Karl Theodor Bleek wurde der nach ihm benannte Platz am Marburger Südbahnhof nun offiziell umbenannt. Wir dokumentieren hier die Rede unseres Magistratsmitglieds Henning Köster-Sollwedel, der seinerzeit mit der Fraktion der Marburger Linken die Studien zum Marburger Rathaus und dem Nationalsozialismus initiiert hatte:

"Liebe Anwesende,

als Initiator der Umbenennung, genauer gesagt auch der Aberkennung der Ehrung hatte ich mich im Vorfeld meiner Initiative in der StVV, noch einmal intensiv mit der Biographie von Karl-Theodor Bleek beschäftigt.

Ich bin Rechtsanwaltssohn und hatte als junger Mensch nie gedacht, wie sehr das ein Leben lang prägen kann. Und so ist mir sehr bewusst, dass ich hier nicht als juristischer Ankläger, sondern als Kommunalpolitiker spreche.

Was ich jetzt kurz anreiße, mündet in einer zeitgeschichtlichen, einer politischen, nicht aber juristischen Bewertung des politischen Lebensweges von Bleek .

Es ist richtig und erforderlich, die im Februar 1998 erfolgte Ehrung des Marburger Oberbürgermeisters Karl Theodor Bleek (1947 -51) durch die Benennung des Platzes hier vor dem Südbahnhof und des  Stegs über die  Gleise abzuerkennen , weil Bleek :

1) seine Mitgliedschaft in der NSDAP ab Januar 42 mutwillig u.a. in einem Spruchkammerverfahren unterschlug und so erst die Voraussetzung für seine Benennung zur Wahl des OB schuf

 

2) er von 1937 bis zum Ende der Naziherrschaft in 45 als Stadtkämmerer und zuletzt auch noch stellvertretender OB (ernannt auf Vorschlag des Beauftragten der NSDAP Breslau) an vorderer Stelle der Stadtspitze der damaligen deutschen Großstadt Breslau agierte.

3) die Breslauer Stadtspitze nachweislich besondere, weit über das übliche Maß hinausgehende Energie an den Tag legte, die Stadt am Vermögen zahlreicher Mitglieder der drittgrößten jüdischen Gemeinde des Reiches im Rahmen der 'Arisierung' zu bereichern und sie so faktisch zu enteignen und zu entrechten  (s. Ramona Bräu  'Arisierung ' in Breslau, Saarbrücken 2012)

4) weil sie mit Bleek als nach OB Fridrich drittwichtigstem Stadtpolitiker (s. Deutsche Gemeindeordnung von 1935, § 34,2) durch die Vertreibungder Breslauer Juden aus der Stadt in ein Internierungslager bereits im Frühsommer 1941 die faktische Voraussetzung für die kurz darauf erfolgte Deportation schuf, durch die  mehrere Tausend Breslauer Juden ermordet wurden oder infolge der Haftbedingungen umkamen s.o.)

Sehr geehrte Frau Babel, meine seit 10 Jahren verstorbene Schwiegermutter Inge Sollwedel, renommierte Frankfurter und hessische FDP-Politikerin der 70iger und 80iger Jahre würde, da bin ich sicher, mit Genugtuung die heutige Umbenennung zur Kenntnis nehmen. Und so habe ich auch sofort zugestimmt, als der OB im Vorfeld des Beschlusses der StVV Hildegard Hamm-Brücher als neue Namengeberin vorschlug. Eine Persönlichkeit, die mir noch gut in positiver Erinnerung ist , für Sie aber politische Weggefährtin."

Es gilt das gesprochene Wort.

Auch die Oberhessische Presse berichtete ausführlich.