Alle Oppositionsfraktionen wehren sich gegen auferlegte Beschränkungen ihrer parlamentarischen Arbeit durch Oberbürgermeister und SPD/CDU/BfM-Fraktionen

Die Corona-Krise befindet sich seit Wochen in einem dynamischen Prozess. Wir müssen ständig die Lage neu bewerten und flexibel reagieren können. Die Situation von vor zwei Wochen ist nicht mehr die von heute. Es ist möglich geworden, nun voranzuschreiten und die politischen Prozesse wieder vollständig zu starten.

Für Marburg stehen derzeit zentrale Entscheidungen an, die die Entwicklung der Stadt auf lange Sicht beeinflussen werden. Es geht einmal um den Masterplan Behringstandort. Mit der Erweiterung der Kapazitäten und rund 600 geplanten neuen Arbeitsplätzen wird der Pharmastandort die Stadt Marburg auch künftig noch stärker prägen. Ebenso steht auf der Tagesordnung der nachhaltige Klimaschutz. Auch das ist keine kurzfristig zu lösende Aufgabe. Beide kommunalpolitischen Schwerpunkte erfordern nicht nur umsichtige Planung, sondern auch erhebliche finanzielle Mittel.
Um diese Aufgaben angemessen zu lösen, ist eine gründliche Debatte und Beschlussfassung in den Fachgremien und im Stadtparlament erforderlich. Nach Auffassung der Fraktionen von Marburger Linke, den Grünen und der FDP ist dies in der Ausschusssitzung am Dienstag, 16. Juni, nicht möglich. Gegen den Protest aller Oppositionfraktionen wurden zwei Fachausschüsse zusammengelegt und die Teilnehmerzahl halbiert. Hinzu kommt eine strikte Beschränkung der Debattenzeit. Für Redebeiträge von Ortsbeiträten und Initiativen wie dem Klimabündnis bleibt keine Zeit und diese können in der Debatte nicht einbezogen werden.

Nun sollen die Stadtverordneten die dringenden Zukunftsaufgaben für Marburg morgen in den Rumpfausschüssen im Galopp erledigen. Alle Oppositionsfraktionen halten ein solchen Vorgehen für inakzeptabel, weil es den Sachthemen nicht gerecht werden kann, wenn die gründliche Diskussion durch kurze Statements ersetzt wird. Es gibt in Marburg genügend Räume und Möglichkeiten, um entsprechend der Gesundheitsbestimmungen zusammenzukommen. Offensichtlich fehlt beim Oberbürgermeister und den regierenden Fraktionen von SPD/CDU und BfM der Wille dazu. Andere vergleichbare Städte schränken die demokratischen Mitwirkungsrechte der gewählten Stadtverordneten nicht ein.

Stattdessen maßt sich der der Oberbürgermeister mit seiner Magistratsmehrheit an, im Alleingang Entscheidungen zu präjudizieren. Das entscheidende Wort für die Entwicklung der Stadt Marburg haben in einer Demokratie die gewählten Vertreter*innen der Bürger*innen, nämlich die Stadtverordneten zu sprechen.  Die Behinderung der politischen Arbeit der Oppositionsfraktionen kann als Versuch des Oberbürgermeisters und der regierenden Fraktionen gewertet werden, die Coronakrisenlage zu nutzen, um im Hinblick auf die anstehenden Oberbürgermeister- und Kommunalwahlen politische Vorteile für sich zu schaffen.


Fraktion Marburger Linke, Renate Bastian
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Dietmar  Göttling
FDP-Fraktion, Christoph Ditschler